Freundeskreis als Kompetenz- und Netzwerkpartner

Von Chris Stoffels

 

Ohne geht es nicht: Erst die Zuwendungen der Förder- und Freundeskreise ermöglichen den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe, hilfreiche Akzente zu setzen, die mit dem normalen Budget nicht zu finanzieren wären. Die Spenden für Musikinstrumente ermöglichen den Aufbau eines Orchesters, andere Gelder sorgen für leuchtende Augen in der Ski-Freizeit, die ohne die Zuwendung ausfallen müsste. Fasst in jeder Einrichtung gibt es sie: Zusammenschlüsse von Bürgern und Unternehmen zum Wohle und zur Freude der Kinder, zur Steigerung der Attraktivität der Angebote an die Jugendlichen.

Spenden kommen auch im Raphaelshaus an, einem Jugendhilfezentrum in Dormagen zwischen Köln und Düsseldorf nahe des Rheins gelegen. Der Freundeskreis dieses Hauses aber geht neue Wege, die darüber hinausgehen, Geld zu sammeln und für bestimmte Projekte wie der Anschaffung neuer Fahrräder oder dem Bau einer Kletterwand zur Verfügung zu stellen. „Wir versuchen, die Einrichtung mit unserem Knowhow und unseren Netzwerken zu unterstützen. Jeder Einzelne bringt Wissen und Kompetenzen aus seinem beruflichen oder privaten Umfeld ein“, erläutert Vorsitzender Ekkehard Seegers, der selbst über vielfältige Erfahrungen und Kontakte in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und politischer Kommunikation verfügt. So veranstaltete der Verein zum Beispiel einen Übungskomplex „Krisenmanagement“ für die Leitungscrew der Einrichtung. Wie in vielen andere Organisationen kann es auch in einem Jugendhilfezentrum aus sehr unterschiedlichen Gründen zu Krisen kommen. Wie geht man in der konkreten Situation mit Bürgern, Medien und Politikern um? Was wird aktuell von wem der Öffentlichkeit vermittelt? Wie lässt sich der Schaden in Grenzen halten? Alle diese Fragen standen auf dem Programm des Trainingskomplexes, wurden beantwortet, professionelle Reaktionen trainiert.  „Unsere Übungen mit den Bereichsleitern reichten von der Festlegung eines klaren Ablaufschemas bis zum Verfassen einer dem fiktiven Szenario angemessenen Pressemeldung sowie einem Kameratraining.“

Ausgangspunkt für die Gründung des Vereins war eine Krise, ausgelöst durch schwerwiegende Verfehlungen eines Mitarbeiters im Modellprojekt „Jugendstrafvollzug in freien Formen“.  Der damals zuständige Minister griff sofort hart durch: Die Gruppe des Raphaelshauses wurde geschlossen und das Vorhaben, junge Straftäter in einer Jugendhilfeeinrichtung konsequent und intensiv zu fördern, erklärte die Landesregierung für gescheitert.

Der damalige Leiter des Raphaelshauses kämpfte für den ansonsten tadellosen Ruf seiner Einrichtung mit etwa 250 Kindern und Jugendlichen und nahezu ebenso vielen Mitarbeiter-Köpfen sowie für den Erhalt der Gruppe. Einige Freunde des Einrichtungsleiters setzten sich auf Initiative des Journalisten und Autors Chris Stoffels zusammen und boten an, die Einrichtung zukünftig mit ihrem Knowhow und ihren Netzwerken tatkräftig zu unterstützen, auch in puncto Öffentlichkeitsarbeit. Schnell fand die Idee Verbreitung, der Freundeskreis wurde offiziell als gemeinnütziger Verein gegründet und eingetragen. „Uns kommt es nicht auf eine hohe Anzahl von Mitgliedern oder ein hohes Spendenaufkommen an. Uns ist wichtig, dass jeder seine individuelle berufliche Kompetenz in ein umfassendes Netzwerk einbringt“, sagt der heutige Vorsitzende Ekkehard Seegers, ein ausgewiesener Fachmann im Dialog mit Unternehmen und Politik. So hat der Freundeskreis Kontakte zu diversen hochrangigen Politikern hergestellt, unter anderem zu dem früheren Gesundheitsminister Hermann Gröhe, der inzwischen ebenfalls Mitglied im Freundeskreis ist.

„Nach fünf Jahren intensiver Arbeit ist der Verein fast unverzichtbar für das Raphaelshaus geworden“, schätzt der heutige Direktor der Einrichtung, Marco Gillrath, die Arbeit des Freundeskreises ein. Die Palette der Themen reichte von der Schulung in Krisenkommunikation bis hin zur Organisation eines Taschengeldtrainings für die Kinder und Jugendlichen. Eine ganz besondere Bedeutung für den Verein hat zurzeit das „Bunkerprojekt“ auf dem weitläufigen Gelände des „Dorf Raphael“, wie der weitläufige Campus im Norden der Stadt Dormagen gerne genannt wird: Ein großer Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs soll zu einem politisch-historischen Gedenkort hergerichtet werden. Der Freundeskreis übernimmt in diesem Fall die Kosten für den gedruckten Museumsführer. Darüber hinaus werden aus den Mitgliedsbeiträgen zum Beispiel externe Experten verpflichtet, wenn die Kompetenz des Freundeskreises nicht ausreicht, um Probleme des Raphaelshauses zu lösen.

Bei aller intensiven Arbeit für das und mit dem Haus kommt auch das Vergnügen nicht zu kurz. Im geselligen Miteinander zur Vorweihnachtszeit lassen die Mitglieder das Jahr noch einmal Revue passieren. Gute Laune herrscht bei der gemeinsamen Apfelernte für den heimischen Verbrauch und beim gemeinsamen Kochen unter Anleitung der Küchencrew des Raphaelshauses, die einen weit über die Einrichtung hinweg guten Ruf genießt.

 

„Ich bin froh und stolz darauf, auf ein solches Netzwerk zurückgreifen zu können. Gewinnbringend ist auch der Austausch mit Fachleuten außerhalb des pädagogischen Bereiches“, so Marco Gillrath.